Andorra

Foto: Thomas Aurin
von Max Frisch
Schauspielhaus
Premiere 09. Oktober 2020
ca. 1 Stunde 20 Minuten, keine Pause
TEAM
Kostüme und Video: Falko Herold
Licht: Ellen Jaeger
BESETZUNG
Sarah Grunert (Barblin)
Isaak Dentler (Soldat)
Peter Schröder (Tischler)
Stefan Graf (Doktor)
Sebastian Reiß (Pfarrer)
Jonathan Lutz (Geselle)
INHALT
Im Grunde hat niemand etwas gegen Andri, den Pflegesohn des Lehrers. Er sei, sagt der Wirt des Dorfes, eine Ausnahme. Nicht geldgierig wie die anderen Juden. Er sei, sagt der Soldat, feige. Aber er könne sich beliebt machen. Er sei, sagen andere, geil. Ohne Gefühl. »Vielleicht«, fragt sich Andri, »haben sie Recht?« Doch er hat Gefühle. Er liebt Barblin, die Tochter des Lehrers. Sie wollen heiraten. Aber das erlaubt der Lehrer nicht. Er kann es nicht erlauben, denn er hat zeitlebens gelogen. Andri ist sein leiblicher Sohn, Andri und Barblin sind in Wahrheit Halbgeschwister. Da wird das kleine Dorf über Nacht vom großen Nachbarn überfallen. »Die Schwarzen« marschieren ein. Wer kein Jude sei, sagen sie, habe nichts zu befürchten. Andri ist kein Jude. Aber jetzt, sagt er, will er’s sein. Jetzt kann er nicht mehr anders. Denn das ist das Böse: »Plötzlich bist du so, wie sie sagen.«
Max Frischs Parabel über die Alltagsmechanismen der Entmenschlichung, die zu Antisemitismus und Rassismus führen, zeigt David Bösch als intensive, bildstarke Momentaufnahme einer klaustrophobischen Welt.
PRESSESTIMMEN
»Regisseur David Bösch bemüht sich nicht, den penetranten Parabelcharakter des Werkes zu verschleiern – und er tut gut daran. […] In Zeiten von anwachsendem christlichen Fundamentalismus, der sich bedrohlich mit rechten, weißen Überlegenheitsansprüchen mischt, ist das Bühnenbild Patrick Bannwarts ein Treffer. Ein liegendes Riesenkreuz, das in die Dachschräge eingeschnitten ist, drückt mit Macht von oben auf das Bühnengeschehen. Damit zitiert Bösch zugleich die Geschichte des Antisemitismus, der aus dem jahrtausendealten, christlichen Antijudaismus erwachsen ist, und die Tatsache, dass gerade die beiden vermeintlich christlich handelnden Figuren des Stückes so eklatant versagen«
Frankfurter Neue Presse, 12. Oktober 2020
»Dieses Bühnenbild von Patrick Bannwart […] sorgte für Gefühle von Beengtheit, von diffuser Bedrohung, das war ein sehr eindrückliches, sehr gelungenes Bühnenbild. […] sehr emotional, sehr intensiv […] durchgehend gut gespielt.«
hr2 Frühkritik, 13. Oktober 2020
»Regisseur David Bösch widmet sich dem Projekt im Frankfurter Schauspiel in einer extrem verdichteten und reduzierten Form – mit wirkungsvollem Ergebnis. […] von einem starken Ensemble getragene Frankfurter Inszenierung.«
AZ Mainz, 14. Oktober 2020
»Das Ensemble spielt das eindrücklich. Die Überheblichkeit und Arroganz der Andorraner, die sich doch im Recht glauben, wenn sie Andri ablehnen und verhöhnen als den »Jud« – und die wachsende Verzweiflung und Ausweglosigkeit, die Kreutinger seinem Andri verleiht. […] Und weil Böschs Inszenierung so wenig von diesen Szenen ablenkt, weil sich der Blick an nichts anderem als den verzweifelten Gesichtern und bestürzten Grimassen festhalten kann, wird sie zum eindringlichen Spiel eines ganzen Dorfes gegen einen Mann.«
Main-Echo, 30. Oktober 2020
»Erschreckend aktuell, hier sicher gespielt und stark inszeniert.«
Journal Frankfurt, November 2020
Foto: Thomas Aurin
Plötzlich bist du so, wie sie sagen. Das ist das Böse.
PROBENTRAILER
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