Eine Frau flieht vor einer Nachricht

Foto: Jessica Schäfer
von David Grossman
Deutsch von Anne Birkenhauer
Für die Bühne bearbeitet von Jessica Glause und Alexander Leiffheidt
Kammerspiele
Deutschsprachige Erstaufführung 11. Januar 2019
ca. 2 Stunden, keine Pause
TEAM
BESETZUNG
Eva Bühnen (Ora / Soldatin)
Christina Geiße (Ora / Soldatin)
David Campling (Ofer, Ilan)
INHALT
Ein Sohn zieht in den Krieg, freiwillig. Was bleibt der Mutter? Zu warten. Abzuwarten, ob der Sohn überlebt. Oder ob statt seiner eines Morgens Offiziere vor der Haustür stehen mit der Nachricht, die Ora über alles fürchtet: dass ihr Sohn Ofer gefallen ist. Doch Ora verweigert sich dieser Rolle. Sie protestiert, indem sie flieht. Wird es ihr gelingen ihren Sohn zu schützen, indem sie ihn in ihren Erinnerungen, Erzählungen und Gedanken bewahrt? – David Grossman zählt zu den wichtigsten Gegenwartsautoren Israels. Sein 2009 in Deutschland erschienener Roman entstand mitten in der Trauer um Grossmans eigenen Sohn Uri, der 2006 im zweiten Libanonkrieg fiel. Grossman schildert die unauflösliche Verstrickung der Menschen auf beiden Seiten des Nahostkonflikts, ihr Leid, ihren Mut und ihre Hoffnungen – ein starkes Plädoyer für den Frieden, das in der Inszenierung von Jessica Glause zum ersten Mal auf einer deutschsprachigen Bühne gezeigt wird.
Gefördert vom Patronatsverein.
PRESSESTIMMEN
»[…] Die Inszenierung beeindruckt durch die Präzision der Dialoge und die Intensität der Bilder. […] Eine starke Ensembleleistung und vier bravouröse Ora-Darstellerinnen.«
3sat Kulturzeit, 14. Januar 2019
»[…] Es wird nicht nur eine konkrete Geschichte erzählt, denn das wirklich Starke an diesem Abend ist, dass dort ein richtiger Innenraum geöffnet wird. […] Ein intensiver, gelungener Abend.«
Deutschlandfunk Kultur, 11. Januar 2019
»Dass eine Romanadaption mehr für die dahinterstehende Literatur wirbt als für die Eigenheiten des Theaters, ist keine Seltenheit und auch hier der Fall, obwohl oder gerade weil die Inszenierung in den Kammerspielen des Schauspiels Frankfurt erzählerisch spannend und gelungen ist; gelungen etwa in der Eleganz, mit der sich das Geschehen zeitlich und personell verzweigen kann und doch ohne permanente Zusatzerklärungen verständlich bleibt. Leiffheidt und Glause halten zudem mit dem wirkungsvollsten Einfall ihrer Fassung keinen Moment hinter dem Berg. Die Titelfigur wurde vervierfacht. Sarah Grunert, Christina Geiße, Altine Emini und Eva Bühnen sind Ora und treten fast immer gemeinsam auf. […]«
Frankfurter Rundschau, 14. Januar 2019
»Die Regisseurin hat die Figur der Ora […] gleich auf vier Schauspielerinnen aufgeteilt. Und mit schöner Leichtigkeit lässt dieses Ora-Quartett eine facetteneiche Figur aus diesem Regie-Kniff entstehen […]. Ora, die […] eine Strategie gegen Tod und Schmerz sucht, wird nicht gegen die Wahrheit des Lebens und des Krieges anlaufen können. Und dennoch hat diese starke, vielschichtige und lebenssatte Figur, die so exemplarisch für die Zerrissenheit eines Landes steht, dem Krieg etwas entgegenzusetzen, wie auch die gelungene Frankfurter Inszenierung zeigt: sich selbst nämlich – mit all ihrer Liebe, ihrer Kraft und mit all ihren manchmal widerstreitenden Gefühlen.«
Frankfurter Neue Presse, 14. Januar 2019
»Mit dem Mut zur radikalen Adaption und Kürzung hat sich die Regisseurin Jessica Glause an den opulenten Roman des israelischen Autors David Grossman „Eine Frau flieht vor einer Nachricht“ herangewagt. Entstanden ist in der deutschsprachigen Erstaufführung am Schauspiel Frankfurt eine überzeugend eigenständige Inszenierung, […].Trotz der radikalen Reduktion wird die psychologische Komplexität des Romans in seiner Substanz bewahrt und nicht durch eine personalisierte lineare Einseitigkeit verflacht. Diese Leistung ist enorm. Denn es gelingt perfekt, die vier sich in Ora teils widersprechenden, ermahnenden oder ermutigenden Stimmen erkennbar zu machen und sie so aufeinander abzustimmen, dass eine Einheit inmitten dieser Vielschichtigkeit bestehen bleibt. […] Eindrucksvoll ist es Jessica Glause zusammen mit dem Dramaturgen Alexander Leiffheidt gelungen, die Energie des Wortes aus der Literatur herauszulösen und in eine Theatersprache zu übertragen.«
faust-kultur.de, 14. Januar 2019
»Eine abgründige Verzweiflung, aber auch große Menschlichkeit liegen unter Grossmans Meisterwerk von 2009, in dem sich auf furchtbarste Weise Realität und Fiktion kreuzten. […] Jessica Glause und ihrem Dramaturgen Alexander Leiffheidt gelingt in ihrer Theaterfassung das Kunststück, auf der Bühne diesen psychologisch komplexen Innenraum sichtbar zu machen – und zugleich eine spannende, konkrete Geschichte zu erzählen.«
Nachtkritik.de, 16. Januar 2019
»Was der Krieg mit Menschen macht, das zeigt das Stück eindringlich. […] Regisseurin Jessica Glause hat »Eine Frau flieht vor einer Nachricht« mit viel Sensibilität und Feingefühl inszeniert. Ohne viel Veränderungen auf der Bühne zählen bei ihr die Menschen und das, was sie zu sagen haben. Keine überflüssigen Handlungen. Keine überständigen Dialoge. Die Musik von Joe Masi begleitet minimalistisch, aber eindringlich die unwirkliche Szenerie irgendwo zwischen Wüste, Lazarett und Wohnlandschaft (Bühne Mai Gogishvili).«
Main-Echo, 16. Januar 2019
Foto: Jessica Schäfer