An Oak Tree
(Die Eiche)

Foto: Robert Schittko
Deutsch von Bernd Samland
Kammerspiele
Premiere 09. November 2018
1 Stunde 20 Minuten
TEAM
Regie: Tim Crouch, with Sebastian Reiß
Kostüme: Anna Sünkel
BESETZUNG
Sebastian Reiß, NN (actor changes to every performance)
INHALT
Auf einer Bühne im Zentrum der Stadt steht ein Hypnotiseur vor seinem Publikum. Die Show läuft gerade aus dem Ruder. Was daran liegen mag, dass er seit drei Monaten all seine Tricks vergessen hat. Da betritt ein Freiwilliger die Bühne. Es ist der Vater des Mädchens, das der Hypnotiseur vor drei Monaten überfahren hat. Ein Unfall, keiner hat Schuld. Doch seit ihrem Tod sucht der Vater wieder und wieder den Unfallort auf. Er meint, seine Tochter dort zu spüren. Für ihn lebt sie weiter in einem Baum. Jetzt ist er hier. Er fühlt sich wie in einem Theaterstück, dessen Text er nicht kennt. Und er hofft, dass der Hypnotiseur ihm helfen kann.
»An Oak Tree« ist die erste eigene Regiearbeit des international bekannten britischen Theaterpioniers Tim Crouch in Deutschland. Die Rolle des Vaters wird jeden Abend von einem anderen Schauspieler oder einer Schauspielerin aus dem Ensemble übernommen, die weder Text noch Geschichte kennen. Dennoch ist kein einziges Wort improvisiert. »Ein Stück über Theater, ein Zauberkunststück, ein Stück zum Totlachen und ein Stück über Trauer, ein Stück, das einem für eine Weile alle anderen Theaterstücke blass erscheinen lässt«. (Caryl Churchill)
PRESSESTIMMEN
»Allein für diesen Moment müsste man unbedingt noch einmal wiederkommen. Für den winzigen Augenblick, in dem wir, das Publikum, zusehen können, wie aus der Person X, die auf die Bühne gebeten wurde, ein Schauspieler wird. […] Reiß spielt ganz großartig diesen verkrachten, nicht ganz sympathischen Showmann, dessen Unsicherheit schon mit den ersten Verhasplern in der launischen Begrüßung zutage tritt. Als Hypnotiseur ist er der Loser, als Regisseur des Abends lenkt er umsichtig das Spiel seines jeweiligen Partners. […] „An Oak Tree“ zeigt, was Theater kann. […] Crouch zeigt das Erklären einer Sache zu einer anderen Sache, als wäre es ein pures Kinderspiel, geradezu als das Wesen des Theaters. Und dehnt die Übereinkunft mit dem Publikum, dass das so schon in Ordnung geht, maximal aus. […] Man muss dem Theater sehr vertrauen und es lieben, um ein Stück wie »An Oak Tree« zu schreiben.«
Frankfurter  Allgemeine Zeitung, 12. November 2018
»Was diesen Abend so lebendig macht, ist die völlige Unberechenbarkeit, die doch zusammengehalten wird von einer klaren, künstlerischen Form. Weil einer der beiden Schauspieler den Text nicht kennt, den er an dem Abend sprechen wird, ergeben sich Vexierspiele der Verwirrung, deren Wirkung anfangs völlig unterschätzt wurden, die aber im Laufe der 75 Minuten gleichsam einen Tsunami auslösen.«
Frankfurter Neue Presse, 12. November 2018
»Es zeigt sich eine unglaubliche Imaginationskraft des Theaters, die den Zuschauer unaufhaltsam in das Strukturchaos hineinzieht. Von Anfang bis Ende der 75-minütigen Aufführung wird die Spannung hochgehalten: Ständig fragt sich nicht nur, wie der Unfall passiert ist, sondern auch, welche Person welche ist und von welchen sozialen Verbindungen sie umgeben ist. Und dieses multidimensionale raumzeitliche Beziehungsnetzwerk ist in permanenter Bewegung, sodass man sich stets aufs Neue orientieren muss. Der abgefahrene Theatertrip aus dem Jahr 2005 startet sofort. In dem Zweipersonenstück gesetzt ist der Hypnotiseur, dargestellt wird er famos von Sebastian Reiß. Aber sein Spielpartner wechselt zu jeder Vorstellung. Bei der Premiere war Heidi Ecks dran: Mit Gelassenheit und Bravour überstand sie alle Tiefen dieses avantgardistischenTrauerspiels und spielte den Vater des toten Mädchens Lena.«
Rhein-Neckar-Zeitung, 12. November 2018
»Der unvorbereitete Schauspieler, die unvorbereitete Schauspielerin: das verbindet den Reiz des Ad-hoc mit Virtuosität und führt die darstellende Kunst auf den Kern des Spielens zurück. […] „An Oak Tree“ legt sympathisch offenherzig das Skelett bloß, über das sich nachher das Dekor einer Theateraufführung legt.«
Frankfurter Rundschau 12. November 2018
»Crouch hinterfragt die Mittel der Theaterfiktion in einer ungeachtet der metadramatischen Form typisch britisch »gut gebauten« Weise. Selbstredend steht und fällt das mit den Darstellern. Die haben das bei der Premiere ganz fantastisch gemacht. Und das Ensemble des Frankfurter Schauspiels ist derart gut besetzt, dass es interessant sein könnte, sich diesen halben Überraschungsabend mehrfach anzuschauen.«
Offenbach-Post, 12. November 2018
»Die Inszenierung wirkt, als würde man einer Probe beiwohnen, trotzdem entwickelt die Geschichte schnell ihren Sog. Obwohl man weiß, dass alles gespielt ist, gibt man sich der Fiktion hin. […] Gekonnt spielt Crouch mit dem, was er hinterfragt. Das ist in der Tat große Kunst.«
Die deutsche Bühne, 10. November 2018
»Crouch ist ein hochspannendes Experiment gelungen. Da der Vater jedes Mal von einem anderen Schauspieler gespielt wird, möchte man auch die anderen Abende sehen – weil es niemals gleich sein wird.«
Journal Frankfurt, 12/2018
Foto: Robert Schittko