Deutsch mich nicht voll

Foto: Jessica Schäfer / Copyright & Bildrechte DEUTSCH MICH NICHT VOLL, 2021 von Naneci Yurdagül, Frankfurt am Main 2021 und VG Bild Kunst, Bonn 2021 / Galerie Sabine Knust & Matthias Kunz, München 2021/ Glasfassade des Schauspiel Frankfurt am Main
Kunstinstallation von Naneci Yurdagül
Foyer
Das Kunstwerk ist seit dem 18. Februar 2021 an der Glasfassade des Schauspielhauses zu sehen.
Das Schauspiel Frankfurt hat am 26. März eine Podiumsdiskussion zur Kunstinstallation veranstaltet. Dabei haben wir mit Expert:innen aus Kunst und Kultur über Identität, Mehr- und Minderheitserfahrungen gesprochen und darüber diskutiert, welche Rolle die Kunst dabei übernehmen kann oder soll.
INHALT
Naneci Yurdagül ist ein international anerkannter deutscher Bildhauer und Performance-Künstler aus Frankfurt am Main. Das Schauspiel Frankfurt hat den Jahrestag des Anschlags in Hanau als Anlass genommen, den Künstler mit einem Werk für das Foyer des Schauspiels zu beauftragen. »DEUTSCH MICH NICHT VOLL« ist seit dem 18. Februar 2021 an der Glasfassade des Schauspielhauses zu sehen.

Ein Jahr zuvor, am 19. Februar 2020, starben durch einen rechtsterroristischen Akt neun Menschen in Hanau, die Teil unserer pluralen Gesellschaft waren und diese aktiv gestaltet haben. Im Gedenken an Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, HamzaKurtović, Vili Viorel Păun, Fatih Saraçoğlu, Ferhat Unvar und Kaloyan Velkov zeigt sich das Schauspiel Frankfurt und der Künstler solidarisch mit den Hinterbliebenen und allen Menschen, deren Würde verletzt und deren Leben gefährdet ist.

Yurdagüls Werk wurde 2001 zum ersten Mal gezeigt. Es hat indes nichts an seiner Dringlichkeit eingebüßt und nimmt – damals wie heute – thematisch Bezug auf die politische Gegenwart in unserem Land.

Naneci Yurdagül wird vertreten durch die Galerie Sabine Knust & Matthias Kunz in München. Seine Werke waren u.a. im Museum für Moderne Kunst Frankfurt am Main, im Nassauischen Kunstverein Wiesbaden, im Kunstforeningen GL.Strand Kopenhagen, in der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden, bei der 14. Biennale in Istanbul, im Tel Aviv Museum of Art, in der Stiftung Opelvillen Rüsselsheim, im Kallmann-Museum Ismaning, im Kunstverein Heidelberg, in der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz Berlin und in der Villa Stuck München zu sehen.

Copyright & Bildrechte DEUTSCH MICH NICHT VOLL, 2021 von Naneci Yurdagül / Glasfassade des Schauspiel Frankfurt am Main
Werkangaben: Druck auf Beitex Premium Heavy 300g/m2, Weiße Schrift auf Pantone 268C Maße: 13 Bahnen à 294 x 630 cm
Naneci Yurdagül, Frankfurt am Main 2021 und VG Bild Kunst, Bonn 2021 / Galerie Sabine Knust & Matthias Kunz, München 2021

Begleitend zur Kunstinstallation hat Naneci Yurdagül ein T-Shirt entworfen, das den Gedanken über seine Träger:innen weiter in die Stadt tragen soll. Das Shirt ist im Webshop des Schauspiel Frankfurt erhältlich.
Gefördert durch das Kulturamt der Stadt Frankfurt.
Foto: Jessica Schäfer / Copyright & Bildrechte DEUTSCH MICH NICHT VOLL, 2021 von Naneci Yurdagül, Frankfurt am Main 2021 und VG Bild Kunst, Bonn 2021 / Galerie Sabine Knust & Matthias Kunz, München 2021/ Glasfassade des Schauspiel Frankfurt am Main

DEUTSCH MICH NICHT VOLL

Die Installation »DEUTSCH MICH NICHT VOLL« steht in Zusammenhang mit dem Anschlag in Hanau am 19. Februar 2020. Das Schauspiel Frankfurt und der Künstler Naneci Yurdagül zeigen sich mit diesem Werk solidarisch mit den Opfern und Hinterbliebenen sowie allen von Rassismus und rassistischer Gewalt betroffenen Menschen.
Der Anschlag in Hanau war kein Anschlag auf uns alle, wie in einigen Solidaritätsbekundungen behauptet wurde, sondern er richtete sich ganz klar gegen Menschen, die aus Sicht mancher nicht dazugehören, nicht dazugehören sollen.
Bei der Erinnerung an die Opfer geht es nicht nur um das Einrichten von Gedenkstätten, sondern auch um aktive Bildungsarbeit. Dabei spielt Kunst eine zentrale Rolle. Hier gelingt es, Gedenken, Mahnen und Erinnern aus tradierten Formen zu lösen, lebendig zu machen und gleichzeitig im Stadtraum überraschende Impulse für die Wahrnehmung zu setzen – subtil, drastisch, einfühlsam oder auch provokant.
Die Wortfolge »DEUTSCH MICH NICHT VOLL« greift die Erfahrungen von rassistischer Ausgrenzung und Diskriminierung auf, die viele Menschen tagtäglich machen. Mit »DEUTSCH MICH NICHT VOLL« wird ein Perspektivwechsel vollzogen: Die Minderheitserfahrung wird hier umgekehrt und zu einer bedrängenden Erfahrung der »Mehrheitsgesellschaft«.
Dabei wirkt das Banner nach innen wie nach außen. Auch wir als Theater müssen uns diesem Thema stellen. Somit erfordert Antirassismus eine ständige Selbstüberprüfung, eine kontinuierliche Selbstkritik und regelmäßige Selbsterforschung.
Die Kunstinstallation, so hoffen wir, soll bei den Passant:innen einen Denkprozess anstoßen und Menschen miteinander darüber ins Gespräch bringen. Im besten Fall lädt uns diese außergewöhnliche Umkehrung der Perspektive zum Nachdenken sowie zum Hinterfragen unserer eigenen Rolle und Privilegien ein.